Guten Abend. Anbei eine Ergänzung zum Siemens Klassiker. (Bilder ganz hinten, ggf. einfach scrollen )
Es gibt mittlerweile 2 threads zum Großen Klassiker, obwohl dies gemessen an der Verbreitung der Leuchte vergleichsweise nur homöopathische Dosen sind. Meine Leuchte besitze
ich seit knapp 3 Jahren und wollte entsprechend lange hier schreiben. Heute fange ich an, auch wenn ich Bilder im Betrieb nach wie vor irgendwann nachreichen muss. Da auch
diese Leuchte bestens bekannt ist, konzentriere ich mich (wie so oft) auf die Dinge, die mir erst nach Erwerb in Natura aufgefallen sind, und die ich zuvor nicht schon im Netz lesen
konnte. So ergibt sich hoffentlich eine gute Ergänzung zu bestehenden Posts.
Zur Geschichte der Leuchte können Andere hier vermutlich ganze Bibliotheken schreiben, ich kenne sie als Kind der 80er und 90er von Klein an und über meine ganze Kindheit und
Jugend hinweg. Mitunter konnte man westdeutsche Städte in 2 Lager aufteilen, Siemens Klassiker vs AEG Koffer....kein Witz! Lange vor dem aktiven Lampen-Hobby habe ich sie schon
gemocht. Vor allem deshalb, weil die Lichtfarben der beiden HQL meißt verschieden waren. Oder anders ausgedrückt, wenigstens eine der beiden Lampen hat beim Hochfahren so schön
Pink "geglüht", auch wenn die andere nur noch "fischig" war. Bis heute prägen sie das Marburger Stadtbild, wenn die weißen Gehäuse im Sommer z. B. gegen einen Gewitter-Himmel
heraus stechen, fühlt es sich an, als sei die gute Zeit für einen Moment stehen geblieben.
Warum ist die Leuchte so besonders ? Hier ein paar späte Eindrücke.
Aufgrund der Verbreitung ist sie heute gut im Netz zu bekommen. Meine ist aus den 90ern und ich konnte sie für 20 Euro ohne großen Umweg bei einer entsprechenden Überlandfahrt
erwerben. Sie ist nicht so schwer, wie es die Größe vermuten lässt. Die Leuchte ist vermutlich rein für "HME" ausgelegt worden, also Hochdruck Quecksilberdampf. Es waren entweder
zwei 80/125 Watt Leuchtmittel verbaut, oder 1x 250 Watt oder auch 1x 400 Watt. Es gibt genug Platz und für jede Lampe lassen sich 2 Reflektoren separat einstellen, um das Licht
etwas zu lenken und den Gegebenheiten am Boden anzupassen. Auch wenn ich wette, dass die meistenReflektoren ihre Werkseinstellung nie verlassen haben.
Das Gehäuse ist sehr stabil, vermutlich aus Alu-Druckguss und sehr elegant konstruiert. Man sieht auf den ersten Blick nicht, dass es aus 3 Teilen besteht und nicht aus einem. Die Naht
verläuft hinter den Verschlüssen, welche im weitesten Sinne das glas tragen. Hier gibt es eine weitere Besonderheit, das Glas ist zunächst auf einen Rahmen geklammert, mit umlaufender
Dichtung,vermutlich Silikongummi. Dieser Rahmen mit Glas wird dann durch sehr robuste Schnellverschlüsse am Gehäuse befestigt.
Im Gehäuse selbst ist der Lampenraum separat abgetrennt und staubdicht ausgeführt. Der Rahmen des Glases unterteilt diese Domänen von unten und dichtet gegen Filz-Streifen.
Jede Zuleitung in den also besonders geschützten Lampenraum führt durch Gummi-Muffen. Das ist aufwendig und sehr effektiv! Die beiden weniger geschützten Bereiche davor
und dahinter tragen dann die Mastaufnahme und die Vorschaltgeräte oder eben auch die Kondensatoren.
Die Mastaufnahme scheint eine 3te Besonderheit, vermutlich sind sowohl Mastansatz als auch Mastaufsatz möglich ! Dies deckt sich auch mit den oben verlinkten Bestellnummern.
Ein nachträglicher Umbau erfordert aber zumindest einen Stopfen auf der ehemaligen Durchführung des Mastes.
Der Lack ist auch nach 25 Jahren noch tadellos, es ließ sich kaum eine Verwitterung feststellen. Er wirkt zwar matt, aber eine Politur trägt nichts ab !
Die letzten zwei "Besonderheiten" betreffen das Glas. Es ist aus Kunststoff, der praktisch nicht vergilbt und auch nicht matt geworden ist. Die meisten Leuchten sehen heute noch gut aus !
Die Verarbeitung des Spritzgusses ist hervorragend. In einer Zeit, als der PMMA noch längst nicht durch die heutigen, glasklaren und sehr harten Polycarbonate ersetzt werden konnte.
"Braune Gläser" gibt es zwar, aber bisher habe ich die nur bei der 400W Version beobachten können. Und auch da ist es nicht die Regel!
Zusätzlich ist die Form sehr komplex. Umlaufend sind prismatische Profile vorhanden. Auch auf der Bodenfläche gibt es solche Stufen, und alles in einer Größe, die im Vergleich zum Bauteil
geradezu winzig ist. Ein direkter Blick auf die Lampen ist durch die Brechung nicht mehr gegeben, aber man kann immer gerade noch so viel erkennen, dass die Neugier erhalten bleibt!
In Summe ist es vermutlich, zumindest für meine Augen, die schönste und beste Straßenleuchte der Welt
Trotzdem haben mich drei Dinge auch weniger begeistert:
-Beide Drosseln sind rein als 125 Watt ausgeführt. Somit ist Flexibilität beim Einsatz genommen.
-Die Fassungen aus Plastik ! Wenn man diese Leuchte mit Superlativen überhäuft, passt dieses Detail nicht ins Bild.
-Geräte-Raum wird nach unten durch eine simple Plastik-Klappe abgedeckt. Sieht billig aus, Spaltmaße sind groß. Im Widerspruch zu Glas und Gehäuse
Zum Abschluss noch eine Frage, über die ich für diesen Thread lange nachgedacht habe.
Warum erscheint die Lampe (mal abgesehen von der Verbreitung) so unglaublich vertraut ? Oder geht es nur mir so ? "Pilze" gibt/gab es auch wie Sand am Meer, aber keine Leuchte hat sich jemals über Jahrzehnte so in das Bild des Alltags eingefügt, wie diese hier. Ich vermute,
dass es am Glas liegt! Wenn dieses merkwürdige Prismen-Design eben nicht vorliegt, wirkt meiner Meinung nach auch die Leuchte weit weniger spektakulär! (Siehe diese Modelle mit
einheitlich trüben Streuscheiben). Irgendwann habe ich versucht, nach Formen zu suchen, die sowohl bekannt als auch ähnlich zu dieser Leuchte waren. Und ich bin bei Mineralien
und Edelsteinen fündig geworden.
Bei Edelsteinen gibt es den sogenannten "Treppenschliff". Und vermutlich haben viele Menschen irgendwann im Leben mal solche Schliffe gesehen und solche Steine bewundert. Sei es auf
Klassenfahrt im Museum, oder auch beim (genervten) Bummel in der Großstadt, mit bunten, teuren Schaufenstern. Und auch bei Mineralien gibt es anscheinend eine ganz besondere
Spielart der Natur, die dieser Leuchte nicht unähnlich ist, der "Quadratit". Die Bilder zu diesem Abschnitt habe ich dem Netz entnommen, Quellen sind faccetieren.ch, mineralienatlas.de
sowie Wikipedia.org. Den Untertitel des Quadratit-Bildes mit Namen des Urhebers lasse ich bewusst stehen, Verwendung ist demnach für das Mineralienatlas-Projekt erlaubt, und hier
schlage ich den link von den Mineralien zu einer industriellen Homage an eben solche. Mein Fazit heute:
--> Entsprechende Design-Elemente findet man auch an anderer Stelle und vermutlich verleiht dieser Umstand der Leuchte einen bekannten bzw. vertrauten Charakter:
Viele Grüße.
C.